Freizügigkeitskonto in der Schweiz

Chance oder Risiko beim Kapitalbezug?

Ein Freizügigkeitskonto dient in der Schweizer Altersvorsorge als Parkplatz für Pensionskassengelder der 2. Säule, wenn gerade kein neuer Arbeitgeber bereitsteht. Aktive Anleger und langfristige Investoren wissen: Kapital darf nicht ungenutzt liegen. Doch genau das passiert häufig mit dem Guthaben auf Freizügigkeitskonten, es wird niedrig verzinst und bleibt unangetastet. Gleichzeitig steigen Lebenshaltungskosten durch Inflation kontinuierlich an. Die Folge: Das mühsam angesparte Pensionskassenkapital verliert real an Wert. Wie sollen Anleger also mit dem Freizügigkeitskapital umgehen, wenn es zur Auszahlung kommt – Chance oder Risiko?

Was ist ein Freizügigkeitskonto und wann kommt es zum Einsatz?

Ein Freizügigkeitskonto ist Teil der beruflichen Vorsorge in der Schweiz. Es wird eingerichtet, sobald ein Freizügigkeitsfall eintritt, also immer dann, wenn jemand aus der Pensionskasse austritt, ohne direkt in eine neue einzutreten. In dieser Situation wird das angesparte Pensionskassenguthaben auf das Freizügigkeitskonto übertragen, wo es bis zur Weiterverwendung gesperrt bleibt. Typische Fälle für ein Freizügigkeitskonto sind unter anderem:

  • Stellenwechsel mit Unterbruch: Wenn Sie Ihren Job kündigen oder verlieren und nicht nahtlos eine neue Stelle antreten, muss das vorhandene BVG-Guthaben auf ein Freizügigkeitskonto überwiesen werden.
  • Auswanderung: Beim endgültigen Verlassen der Schweiz (insbesondere ausserhalb EU/EFTA) können Freizügigkeitsgelder nicht in der Pensionskasse verbleiben und werden auf ein Freizügigkeitskonto einbezahlt.
  • Selbstständigkeit: Wer sich hauptberuflich selbstständig macht und die obligatorische Vorsorge verlässt, parkt das bisherige Pensionskassenkapital ebenfalls auf einem Freizügigkeitskonto.

In all diesen Fällen sichert das Freizügigkeitskonto die Altersguthaben interimistisch. Wichtig: Anders als eine Pensionskasse bietet es keinen Versicherungsschutz gegen Risiken wie Tod oder Invalidität. Das Konto kann bis zum ordentlichen Rentenalter geführt werden; spätestens fünf Jahre nach Erreichen des AHV-Rentenalters muss es aufgelöst und das Guthaben bezogen werden. Sobald Sie wieder einer Pensionskasse beitreten (etwa bei einem neuen Job), wird das angesparte Kapital vom Freizügigkeitskonto in die neue Vorsorgeeinrichtung übertragen.

Herausforderungen: Niedrige Zinsen, Inflation und steuerliche Fallstricke

Die vermeintliche Sicherheit des Freizügigkeitskontos hat ihren Preis. Das Guthaben wird meist nur minimal verzinst, oft nahe null Prozent Zins pro Jahr. Gleichzeitig liegt die Inflationsrate in der Schweiz in den letzten Jahren um rund zwei Prozent. Ein einfaches Rechenbeispiel zeigt die Problematik: Ein Kapital von CHF 10.000 auf einem Freizügigkeitskonto mit 0,01 Prozent Zins wächst in zehn Jahren nur um etwa CHF 10. Gleichzeitig verringert die Teuerung die Kaufkraft dieses Kapitals deutlich. Bei zwei Prozent Inflation entspräche dies in zehn Jahren einem realen Wertverlust von fast 18,5 Prozent. Mit anderen Worten: Das Freizügigkeitsguthaben schrumpft real, wenn es nur auf dem Konto liegen bleibt. Neben den mageren Zinsen sorgt der steuerliche Aspekt für Druck. Bei Auszahlung des Freizügigkeitskapitals wird eine Kapitalbezugssteuer fällig, eine einmalige Quellensteuer auf Vorsorgeleistungen, die separat vom Einkommen zu einem ermässigten Satz erhoben wird. Die genaue Höhe hängt vom Auszahlungsbetrag und vom Wohnsitzkanton ab und steigt progressiv mit der Bezugssumme. Ein grosser Einmalbezug kann also unverhältnismässig hohe Steuern auslösen. Hier lauern steuerliche Fallstricke: So ist es üblich, das Guthaben auf zwei Freizügigkeitskonten aufzuteilen, um gestaffelt in verschiedenen Steuerjahren beziehen zu können. Dieses Splitting des Pensionskassenkapitals ist gesetzlich erlaubt (maximal auf zwei Konten) und kann die Steuerlast zum Auszahlungszeitpunkt deutlich senken. Wer hingegen unvorbereitet das gesamte Freizügigkeitskapital auf einmal bezieht, läuft Gefahr, einen erheblichen Teil an Steuern abzuführen. Schließlich besteht Entscheidungsdruck bei der Auszahlung. Bis spätestens fünf Jahre nach Erreichen des Rentenalters muss entschieden werden, was mit dem Freizügigkeitsguthaben geschieht. Bleibt es liegen, drohen weitere Wertverluste; wird es bezogen, stellt sich die Frage nach der optimalen Anlage oder Verwendung. Der Kapitalbezug markiert einen strategischen Wendepunkt: Das vormals gebundene Vorsorgevermögen geht in freie Verfügbarkeit über und braucht einen neuen Bewirtschaftungsplan.

Anlageoptionen bei Auszahlung: Einkommen mit stabiler Ausschüttung erzielen

Wird das Freizügigkeitskapital ausbezahlt, eröffnet sich die Chance, das Geld rentabler anzulegen. Anstatt das Kapital auf dem Freizügigkeitskonto zu belassen (mit kaum Zinsen), kann eine fondsbasierte Anlage ein substanzschonendes Einkommen mit stabiler Ausschüttung ermöglichen. Das Ziel dabei: Die Substanz erhalten und gleichzeitig regelmässige Erträge generieren, um etwa im Ruhestand ein Einkommen zu sichern. Wie kann das gelingen? Ein bewährter Ansatz ist die Investition in breit diversifizierte Fondsportfolios mit Fokus auf Ertrag. Dazu zählen zum Beispiel ausschüttende Mischfonds, Dividendenfonds oder vergleichbare Anlagevehikel, die laufende Ausschüttungen (Zinsen, Dividenden, Erträge) an die Anleger auszahlen. Historisch konnten leistungsstarke Fonds über längere Zeiträume durchschnittlich etwa vier bis fünf Prozent Rendite pro Jahr erwirtschaften. Wichtig: Vergangene Wertentwicklungen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse. Die genannte Spanne stellt keine Renditegarantie dar. Ein Beispiel: Bei einer jährlichen Rendite von rund vier Prozent könnte ein Anleger drei Prozent pro Jahr entnehmen und hätte sein Kapital dennoch erhalten oder sogar leicht vermehrt – ein substanzschonender Kapitalverzehr, der die Kaufkraft erhält. Entscheidend ist die Nettorendite, also das, was nach Abzug aller Kosten real übrig bleibt. Nur diese Kennzahl erlaubt eine seriöse Beurteilung der Anlagequalität. Im Gegensatz dazu ist jede Entnahme vom unverzinsten Konto praktisch eine Schmälerung der Substanz ohne Ausgleich. Volatilitätskontrolle spielt bei diesem Ansatz eine wichtige Rolle. Damit ist ein aktives Risiko-Management gemeint, das Schwankungen an den Finanzmärkten begrenzt, beispielsweise durch breite Streuung über Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Immobilien) und gegebenenfalls dynamische Absicherungsstrategien. Eine kontrollierte Volatilität (Schwankungsbreite) hilft, extreme Wertverluste zu vermeiden, sodass in Phasen negativer Marktentwicklung nicht unnötig Substanz abgebaut werden muss. So kann der Anleger auch in turbulenten Zeiten die Ruhe bewahren und weiterhin von stabilen Ausschüttungen profitieren. Ein weiterer Fachbegriff in diesem Zusammenhang ist Substanzausschüttung. Dieser liegt vor, wenn ein Fonds mehr ausschüttet, als er an laufenden Erträgen erwirtschaftet; er greift also auf die Substanz (das Kapital) zurück, um die Ausschüttung zu decken. Eine substanzschonende Anlagestrategie versucht genau dies zu vermeiden. Ideal ist, wenn die Ausschüttungsquote – also der Prozentsatz des Kapitals, der pro Jahr ausgezahlt wird – so bemessen ist, dass sie aus Erträgen gedeckt werden kann. Viele ausschüttende Fonds legen zum Beispiel eine Quote von rund vier Prozent fest. Sollte die Marktrendite einmal darunter liegen, können Reserven oder andere Ertragsquellen (etwa Prämien aus Optionsstrategien) genutzt werden, um die Ausschüttung möglichst konstant zu halten. So bleibt das Grundkapital weitgehend intakt. Für den Anleger bedeutet dies ein verlässliches, planbares Einkommen aus dem investierten Freizügigkeitskapital – vergleichbar in der Stabilität mit einer Rente, jedoch flexibler und häufig ertragreicher. Natürlich erfordert eine solche Anlagestrategie nach der Freizügigkeitskonto-Auszahlung fachliche Planung. Aspekte wie individueller Risikobedarf, Anlagehorizont und steuerliche Optimierung (zum Beispiel Staffelung der Bezüge) müssen berücksichtigt werden. Konservative Anleger können durch gezielte Volatilitätskontrolle beruhigt werden, während renditeorientierte Investoren die Chance auf Mehrrendite nutzen möchten. Gemeinsam ist allen: Das Freizügigkeitskapital muss arbeiten, statt auf dem Konto zu verkümmern. Durch eine clevere Allokation in ertragsstarke Anlagen lässt sich ein stabiles Zusatzeinkommen generieren, ohne das Ersparte unkontrolliert aufzubrauchen.

Was tun mit dem Freizügigkeitskapital – Chance oder Risiko?

Die Antwort lautet: Es ist beides, abhängig vom Umgang damit. Ein Freizügigkeitskonto an sich stellt weder eine renditestarke Chance dar noch ein unmittelbares Risiko, doch das darauf geparkte Kapital droht bei passiver Haltung an Wert zu verlieren. Der Kapitalbezug aus dem Freizügigkeitskonto markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der finanziellen Lebensplanung. Wer jetzt klug handelt, kann eine Chance daraus machen: Durch geordneten Bezug, steueroptimierte Planung und vor allem durch eine nachhaltige Wiederanlage des Guthabens. In einem Umfeld von niedrigen Zinsen und spürbarer Inflation ist es faktisch riskant, das Geld einfach liegenzulassen; das Risiko eines realen Wertverlusts ist nahezu garantiert. Demgegenüber bietet eine strategische Anlage mit kontrollierter Volatilität und stabilen Ausschüttungen die Chance, aus dem einstigen Vorsorgekapital ein verlässliches Einkommen und weiteres Wachstum zu erzielen. Faktenbasiert ist klar: Freizügigkeitskapital muss aktiv bewirtschaftet werden, damit es im Ruhestand mehr Chance als Risiko bedeutet. Entscheidend ist dabei nicht nur die nominale Bruttorendite, sondern was netto – nach Kosten – für den Anleger übrig bleibt. Anleger, die die Herausforderung annehmen, können ihre Auszahlungsphase in eine produktive Investmentphase verwandeln – mit substanzschonendem Ertrag statt schleichendem Wertverlust. Die Weichen werden beim Austritt aus der Pensionskasse gestellt. Wird das Freizügigkeitsguthaben strategisch neu positioniert, eröffnen sich Möglichkeiten für langfristige finanzielle Stabilität und zusätzliche Rendite. Kurz gesagt: Der Umgang mit dem Freizügigkeitskonto entscheidet, ob das darin liegende Kapital zur Chance für kluge Kapitalmehrung oder zum Risiko einer verpassten Gelegenheit wird.

Stabilität für Ihr Freizügigkeitskapital