Perspectives 24.05.2024

Weltwirtschaft: Optimismus ist angebracht

PERSPECTIVES | Nr. 30 

  • Die wirtschaftlichen Turbulenzen der vergangenen Jahre scheinen überwunden.
  • Sinkende Inflation, steigende Kaufkraft und technologischer Fortschritt unterstützen das globale Wachstum.
  • Die Aktienmärkte dürften von dem gegenwärtigen Umfeld profitieren.


Die vergangenen vier Jahre waren für Wirtschaft und Finanzmärkte äußerst turbulent: Der Zusammenbruch globaler Lieferketten, massive geld- und fiskalpolitische Eingriffe, die Energiekrise in Europa, ein erheblicher Anstieg der Inflation und eine weltweit synchronisierte Straffung der Geldpolitik haben tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis der Wirtschaftsakteure hinterlassen und die ökonomischen Fundamente vieler Länder auf eine harte Pro­be gestellt. Besonders in Europa und Deutschland ist die Stim­mung gedrückt. Aus unserer Sicht ist dieser Pessimismus nicht angebracht. Es gibt begründeten Anlass für Optimismus, da einige Indikatoren auf den Beginn eines weltweiten Aufschwungs hin­deuten.

Robustheit der Weltwirtschaft


Die Weltwirtschaft präsentiert sich wieder einmal robuster als allgemein erwartet. Die düsteren Prognosen der Ökonomen haben sich bisher nicht bewahrheitet. Das starke Wachstum der USA und der großen Länder der Emerging Markets – insbesondere Indiens – konnte die schwache Konjunktur in Europa weitgehend kompensieren. Unterstützt durch die stärkere Nachfrage zeigt der Welthandel zudem Erholungstendenzen. Perspektivisch dürften exportorientierte Länder wie Deutschland davon profitieren und im Sog der großen Handelsmächte USA und China mitwachsen.

Die jüngsten Rekordhochs an den Aktienmärkten scheinen gerechtfertigt – und es gibt durchaus noch Luft nach oben.

Stabiler Arbeitsmarkt


Der globale Arbeitsmarkt zeigt sich nach wie vor äußerst stabil. Die Arbeitslosigkeit befindet sich in vielen Industrieländern in der Nähe der Rekordtiefs. Trotz gedämpfter Konjunktur lag die Ar­beitslosenquote zum Beispiel in der Eurozone mit 6,5 Prozent noch nie so niedrig wie heute. In Kombination mit der rückläufi­gen Inflation beginnen Reallöhne zu steigen. Dadurch steigt das Verbrauchervertrauen und der Binnenkonsum wird angekur­belt, da mehr Geld für Waren und Dienstleistungen zur Verfügung steht.

EU27: Real verfügbare Einkommen mit positivem Trend
(01.12.00 – 01.03.24)

Aktuell rückläufige Inflation

 

Die erhöhte Inflation der letzten zwei Jahre scheint ebenso schnell zu verschwinden, wie sie gekommen ist. Höhere Zinsen infolge der restriktiven Geldpolitik sowie geringere Energiepreise zeigen bereits deutlich dämpfende Wirkung auf die Teuerung. Im Gegensatz zu den 1970er und 1980er Jahren, als die Inflation in den Industrieländern über ein Jahrzehnt durchgehend zwischen 5 Prozent und 15 Prozent lag, haben sich die Preissteigerungen dieses Mal nicht auf diesen Niveaus verfestigt. Ein geringerer Preisdruck erhöht den Spielraum der Zentralbanken für Zins­senkungen in diesem Jahr, die die Konjunktur zusätzlich beleben können. Allerdings ist es zu früh, die erhöhte Inflation für besiegt zu erklären. Angesichts der Lohnerhöhungen in verschiedenen Branchen könnte sich die Situation auch wieder verändern.

 

MULTI ASSET IM PORTRÄT
 

Technologischer Fortschritt 

 

Die Einführung neuer Technologien, insbesondere der Künstlichen Intelligenz (KI), steht im Zentrum des potenziellen Produktivitäts­wachstums in vielen Volkswirtschaften. Diese Technologien sind nicht nur für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit entschei­dend, sondern sie tragen auch wesentlich zur Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei. Hier gibt es noch viel Wachstumspotenzial: Laut einer Studie der Europäischen Investitionsbank setzen derzeit in etwa ein Drittel der amerikani­schen und europäischen Firmen KI im Firmenalltag ein.

 

BEITRAG BÖRSEN-ZEITUNG

 

Für den Kapitalmarktanleger

 

Natürlich gibt es weiterhin Abwärtsrisiken für die globale Kon­junktur. Dazu zählen die aktuellen geopolitischen Kriege und Kon­flikte, zunehmender Protektionismus, bürokratische Barrieren, sowie die teils hohe Staatsverschuldung. Dennoch gibt es viele gute Gründe, für die zweite Jahreshälfte optimistisch zu sein. Die jüngsten Rekordhochs an den Aktienmärkten scheinen gerecht­fertigt – und es gibt durchaus noch Luft nach oben. Investoren sollten jedoch eine ausgewogene Anlagestrategie verfolgen, die sowohl die Chancen in wachstumsstarken Sektoren nutzt als auch Risiken durch eine sorgfältige Diversifikation minimiert. So kön­nen Anleger von den positiven wirtschaftlichen Entwicklungen profitieren und sich gleichzeitig gegen mögliche Risiken absi­chern.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 22. Mai 2024 auf der Website der Börsen-Zeitung.

CIO Multi Asset

Thomas Romig

E-Mail