Presse 31.07.2025

Zölle, Zinsen, Schulden: Wie die USA zum Unsicherheits­­faktor für Anleger werden

  • Das zeitgleiche Auftreten eines Haushalts- und eines Leistungsbilanzdefizits erreicht unter der aktuellen US-Regierung eine neue Qualität.
  • Die Kombination aus steigender Zinslast, expansiver Fiskalpolitik und wachsendem Protektionismus wird zum Risikofaktor für die Stabilität der US-Volkswirtschaft.
  • Global aufgestellte Anleger sollten die US-Fiskalpolitik und Wechselkursrisiken im Blick behalten, um auf abrupte Marktdynamiken flexibel reagieren zu können.


Das sogenannte Zwillingsdefizit, also das gleichzeitige Auftreten eines Haushalts- und eines Leistungsbilanzdefizites, galt lange als strukturelles Merkmal der US-Volkswirtschaft. Allmählich mehren sich indes die Zweifel an der Nachhaltigkeit der US-Wirtschafts- und Fiskalpolitik, wie Thomas Romig, CIO Multi Asset bei Assenagon, in seiner neuen Studie darlegt. "Die US-Regierung erzeugt mit ihrer aktuellen Politik einen Zielkonflikt, der die Glaubwürdigkeit der US-Wirtschaft dauerhaft destabilisieren könnte", so Romig.
 

Dominanz mit Rissen: Die strukturelle Kraft der US-Finanzmärkte 


Die US-amerikanischen Kapitalmärkte dominieren das globale Finanzsystem. So liegt der US-Anteil an der weltweiten Marktkapitalisierung von Aktien bei über 60 Prozent. Am Anleihemarkt sind es rund 40 Prozent. Der US-Dollar fungiert zudem als Leitwährung, denn fast 60 Prozent der globalen Devisenreserven der Zentralbanken werden in US-Dollar gehalten. Doch unter der Oberfläche zeigen sich zunehmende Spannungen, die langfristige Investitionsentscheidungen beeinflussen könnten.
 

Haushaltslage unter Druck: Zinslast erreicht kritischen Schwellenwert


Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten beläuft sich derzeit auf rund 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Seit 2022 führen die restriktivere Geldpolitik und das gestiegene Zinsumfeld zu einem markanten Anstieg der Finanzierungskosten. Die jährlichen Zinsausgaben haben sich binnen drei Jahren verdoppelt und belaufen sich nun auf rund 1,1 Billionen US-Dollar – mehr als die gesamten Verteidigungsausgaben des Landes.
 

Trumps Fiskal- und Zollpolitik: Zielkonflikt mit wachsender Schärfe


Die protektionistische Ausrichtung der US-Handelspolitik verschärft die Lage. Die nahezu flächendeckende Erhebung von Importzöllen soll die heimische Industrie stützen, wirkt jedoch faktisch wie eine Konsumsteuer und trifft US-Haushalte hart. Studien der Yale University beziffern die inflationsbedingte Kaufkraftminderung auf bis zu 2.000 US-Dollar pro Jahr und Haushalt.

Zugleich führt das neue Steuerpaket („Big Beautiful Bill“) zu einer erwarteten Schuldenausweitung um zusätzliche drei Billionen US-Dollar in den kommenden zehn Jahren. Die entstehende Diskrepanz zwischen wachsender Binnennachfrage und unzureichenden Produktionskapazitäten zwingt die USA, mehr zu importieren – und verschärft damit das Leistungsbilanzdefizit weiter.
 

Implikationen für Anleger: Flexibilität ist Trumpf


Kurzfristig bietet die Tiefe der US-Kapitalmärkte zwar weiterhin Sicherheit und Liquidität. Doch langfristig könnte ein Rückzug internationaler Investoren – insbesondere bei einer anhaltenden Abwertung des US-Dollars – Druck auf US-Staatsanleihen und deren Risikoprämien erzeugen. Die Kombination aus über vier Prozent Rendite auf 10-jährige US-Treasuries und einem schwächeren Dollar könnte ein Vorbote für eine wachsende Risikoaversion sein. Ein differenzierter Blick auf die fiskalische Nachhaltigkeit der USA wird zunehmend wichtiger. Portfoliostrategien sollten insbesondere in Bezug auf Duration und Währungsallokation flexibel gehalten werden, um auf abrupte Marktentwicklungen adäquat reagieren zu können.

Die ausführliche Analyse lesen Sie in der neuen Ausgabe des Perspectives Newsletters. 

München/Luxemburg, 31. Juli 2025